Ihr Lieben, zur Zeit sind Ferien, also besucht mein Schulkind ein Ferienprogramm, damit ich ins Büro gehen kann. Dieses geht leider nur bis 13h, aber man muss ja froh sein, überhaupt einen Platz zu bekommen. Daher habe ich meine Mama gebeten, ihn abzuholen und mit zu sich zu nehmen, bis ich ihn abhole.
Auf dem Weg zu einem Meeting kurz vor 14h habe ich im Büro an die beiden gedacht und eine kurze WhatsApp geschickt, ob alles geklappt hätte. Dazu muss man wissen, dass mein Stiefvater ein 24h Pflegefall ist, und es für meine Mutter nicht einfach ist, von zuhause wegzugehen. Ich fand meine Frage also nicht unberechtigt, aber na klar hätte ich mir auch denken können, dass ich schon was gehört hätte, wenn es nicht geklappt hätte.
Als Antwort erhielt ich ein knappes: Ja, Frau Helikopter. Ich muss Euch sagen, dass hat mich irgendwie getroffen. Gehöre ich zu den Helikopter Eltern?
Helikopter Eltern überwachen ihre Kinder und kontrollieren jeden Schritt ihres Tuns. So sind die Kinder fremdbestimmt und haben keinerlei Entfaltungsmöglichkeit. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Eltern ihre Kinder beschützen wollen und- wie häufig- es gut meinen. Und doch das Ziel verfehlen. Es entwickeln sich unselbstständige Kinder, die sich selbst nichts zutrauen und immer auf Input von Außen angewiesen sind. Das haben diese Eltern bestimmt nicht so vorgehabt.
Auch bei mir steht das Wohl der Kinder im Vordergrund meines Handelns. Aber geht es in einer liebevollen Erziehung seiner Kinder nicht genau darum? Für sie da zu sein, wenn sie Hilfe brauchen und an sie zu denken, wenn sie nicht bei einem sind. Ich kann im Büro nicht den ganzen Tag an sie denken, das wäre auch unnatürlich, aber wenn ich kurz auf die Uhr schaue und mir einfällt, ach, jetzt müsste er schon bei Oma sein, finde ich das nicht Helikopter like. Meine Kinder bestimmen sehr viel mit, in der Gestaltung der Familienfreizeit, ihrer eigenen Interesse und Hobbies. (die mir häufig zu viel sind;-) Klar brauchen sie dabei unsere Unterstützung, aber das ist etwas anderes, als es übergestülpt zu bekommen.
Gab es das Phänomen der Helikopter Eltern schon immer?
Die Zeilen meiner Mutter hatten mich zum Nachdenken gebracht. Mir ist schon häufiger aufgefallen, dass die Generation unserer Eltern deutlich unaufgeregter, als wir im Umgang mit unseren Kindern ist. Woran liegt das? Am Großeltern sein? Wenn kein Erziehungsauftrag mehr da ist und man die Enkelkinder zu 100% genießen kann.
Oder liegt es an der Nachkriegszeit, die in Deutschland herrschte, als sie selbst Kinder waren? Ich fürchte, dass Kinder zu der schweren Zeit wenig Aufmerksamkeit von ihren Eltern hatten. Ein anderer Gedanke ist, dass wir heute -zumindest sehe ich das so- überwiegend Wunschkinder zur Welt bringen. Anders als noch in Zeiten vor der Babypille, wo das Wort Familienplanung noch nicht bekannt war.
Und vielleicht liegt es auch daran, dass wir heute überwiegend berufstätig sind und nicht immer bei unseren Kindern. Ist es da nicht legitim, kurz mitzuteilen, „ich hab an Euch gedacht“? Früher war das technisch ja auch alles nicht möglich.
Meine Mama hat den Satz lieb gemeint, denn sie sieht, dass die Doppelbelastung anstrengend ist. Sie wollte damit zum Ausdruck bringen, ich solle mich mehr fallen lassen, abgeben und die Hilfe genießen. Da hat sie Recht!
Mir bleibt es aber wichtig, meiner Familie die Rückmeldung zu geben, dass sie mir wichtig ist und ich an sie denke. Das schließt einen entspannten Umgang ja nicht aus. Also ganz ohne Helikopter. Aber das stand nicht in meiner Nachricht.
Künftig wird eine WhatsApp von mir daher anders lauten: Hab gerade an Euch gedacht, bis später. Bussi“.
In diesem Sinne, Euch eine entspannte Zeit.
Giulia