Heute erzähle ich Euch, wie wichtig es ist, aufeinander zugehen zu können, statt gleich auf Kollisionskurs.
Kennt Ihr das auch? Ein Kind im Kindergarten (Krippe/Schule) benimmt sich vermeintlich häufiger als andere „daneben“ und die anderen Mütter unterhalten sich dann darüber. Bei uns war das so: mein Sohn kam immer wieder mit Kratzern im Gesicht nach Hause. Dazu befragt, woher diese kämen, antwortete er regelmäßig mit dem gleichen Namen. Ob beim Fußball, Kinderturnen oder anderen Treffen der Mütter außerhalb des Kindergartens, die anderen Mamas sprachen darüber und sprachen mich auch aktiv daran an, ob wir auch „betroffen“ seinen.
Ich weiß nicht warum, aber ich habe versucht, mich aus diesen Gesprächen herauszuhalten. Und das OBWOHL die Löwenmama in mir (die kennt Ihr auch, oder?) natürlich mit den Umständen sehr unzufrieden war.
Dann kam die Sommerferienpause und die Sache geriet fast in Vergessenheit. Als das neue Kindergartenjahr begann, stellte ich fest, dass es keine Kratzer mehr gab. Ich erfuhr erst im Nachhinein, dass die Familie länger verreist war. Also stellte ich erst einige Wochen später beim Abholen erneut eine dicke Schramme im Gesicht meines Schatzes fest. Ich war so traurig, meinen Sohn noch nicht einmal fragen zu müssen, was passiert sei, um die Antwort zu kennen.
Endlich beschloss ist, etwas zu unternehmen und sprach mit einer der Erzieherinnen. Das Thema war natürlich schon längst bekannt und trotz vieler Bemühungen war keine Lösung gefunden. Ich entgegnete, ich würde das Thema selbst direkt ansprechen. Lustiger Weise wurde mein Mann kurze Zeit danach beim Einkaufen von einer anderen Mama angesprochen, dass sie sich die anderen Mütter freuen würden, dass ich mich nun um die Sache kümmern würde. HÄH?Ehrlich gesagt hatte ich nicht vor, die Sache für alle anderen zu klären, sondern für uns! Naja.
Aber wie funktioniert aufeinander zugehen?
Wie es der Himmel wollte, kamen wir einige Tage später morgens gleichzeitig mit dem anderen Kind im Kindergarten an. Ich fasste mir ein Herz und sprach das an der Garderobe sitzende Kind an. Seine Mama war zufällig gerade in den Gruppenraum gegangen, also konnte ich ohne großes Aufsehen mit ihm sprechen. Ich kniete mich vor die Garderobenbank, um auf gleicher Augenhöhe mit den Kindern zu sein. Mit ruhiger Stimme zeigte ich ihm den Kratzer im Gesicht meines Sohnes und bat ihn, mir zu erzählen, was geschehen war. Ich merkte sofort, dass es ihm sehr unangenehm war, also versuchte ich, ehrliches Interesse an dem Warum zu bekunden. So nahm ich ihm die Sorge vor Maßregeln.
Es ging um übliche Streitigkeiten unter Kindern, er wollte mitspielen, aber es gab bereits eine spielende Gruppe, die ihn nicht dazu nahm. Sehr gut konnte ich verstehen, dass sein Ausbruch damit zu tun hatte, nicht mitspielen zu dürfen und die Hilflosigkeit widerspiegelte mit seinem Empfinden nicht wahrgenommen zu werden. Plötzlich tat mir der Junge unendlich leid und ich begann neutral zwischen den beiden Jungs zu vermitteln.
Inzwischen kam die andere Mutter zurück und guckte zunächst besorgt, was denn da los sein. Auch sie merkte wohl, dass ich keine bösen Absichten hegte und setzte sich zu uns. Gemeinsam sprachen wir darüber, dass Freundschaften eine wichtige Angelegenheit sind und es nicht schön ist, ausgeschlossen zu sein. Dabei wurde den Kindern klar, dass der eine nicht mit dem anderen spielen wollte, da er zu oft schon gekratzt worden war und der andere dies nur tat, weil er ihn eigentlich mochte und mit ihm spielen wollte. Beide verstanden, dass es viel besser sei, Freunde zu sein!
Siehe da, die beiden gingen HAND IN HAND in den Gruppenraum und verabschiedeten sich von uns. WOW! Was für eine Kehrtwendung! Ich war so glücklich, dieses unerwartete Ende erlebt zu haben.
Stellt Euch vor, wir beiden Mütter luden uns in der nächsten Zeit gegenseitig ein und gaben der beginnenden Freundschaft zwischen den Beiden Raum. Hätte ich geschimpft, die Kindergartenleitung eingeschaltet, oder die andere Mutter um „Abhilfe“ gebeten, wäre es in meinen Augen nicht so gut ausgegangen.
Zu oft, auch im Erwachsenenleben, verrennen wir uns in unserem einspurigen Blickwinkel, sind verschlossen für andere Wege und sehen daher den Ausgang nicht. Aggression als Antwort auf aggressives Verhalten führt nur zu einem Kreislauf, der kein Ende findet und bei dem keiner gewinnt. Hier haben beide gewonnen, einen neuen Freund und ich auch eine neue Freundin!
Also, versuchen wir häufiger dem anderen unsere Hand zu reichen. Vieles gelingt dann so viel einfacher.
In diesem Sinne,
Eure Giulia